Freitag, 15. August 2014

Wenn es nicht anstrengend wäre usw.

Einige Tage sind nun schon vergangen seit meinem letzten Eintrag.
Fast vier Wochen verbringe ich nun bereits auf der Oakstead Farm in Newstead bei Hamilton und es ist keineswegs jeden Tag das gleiche, wie ich anfangs dachte.
Es ist einiges passiert seit meinem letzten Eintrag.

Das, was mich am meisten mitnimmt, sind die Kühe und Kälber, die gestorben sind.
Am 04. August ging es der kleinen Pudding und dem Jungbullen John sehr schlecht. Pudding war schwach, lag nur herum und auch wenn sie immer ausreichend getrunken hatte, lag sie im Sterben. John hatte eine geschwollene Zunge im Rachen und konnte nicht richtig atmen. Wir haben beiden homöopathische Mittel gegeben. Johns Schwellung ging zurück und ihm ging es am Nachmittag dann schon besser. Wir vermuten, dass er eine kleine Spinne verschluckt hat, die ihn dann gebissen hat. Was anderes kann es eigentlich nicht gewesen sein. Jetzt geht es ihm jedenfalls wieder super.

Pudding R.i.P
Von Pudding kann man das leider nicht behaupten. Irgendetwas war mit ihr, was nicht behandelbar war. Sie starb schließlich noch am gleichen Abend. Ich war ziemlich traurig, denn ich hatte sie gern und es war das erste tote Kalb überhaupt. Aber da, wo sie jetzt ist, geht es ihr wohl besser. Das gleiche gilt für einen kleinen Bobbie von einem Tag später. Er kam behindert auf die Welt und konnte nicht allein leben. Er starb einen Tag nach seiner Geburt.

Diese Woche sind dann noch zwei Kühe gestorben.
Einmal Cookie, Pancakes Mama. Sie starb an Leberversagen. Das hatte sie wohl schon während der Schwangerschaft, konnte aber irgendwie durch die Leber ihrer Tochter weiterleben. Aber kurz nach der Geburt hat sich das Versagen dann bemerkbar gemacht und von der Kälte etc hat sie dann auch noch eine Lungenentzündung bekommen. Sie hat unendlich gelitten und Gail hat jemanden gerufen, der sie erlöste. Es war besser so...es war schrecklich, sie leiden zu sehen.

Am Dienstag hat Bluebell kalben wollen. Allerdings lag ihr Kalb verkehrt herum in ihrem Bauch und konnte nicht raus. Wir mussten den Tierarzt rufen. Der konnte das Kalb nur noch tot herausholen. Bluebell hatte unendliche Schmerzen, aber wir versuchten 24 h lang alles, um sie zu retten. Decke, Heu, warmes Wasser....Wir haben alles versucht, aber sie starb in der Nacht am Milchfieber und dem Trauma der Geburt :(

Und gestern dann die nächsten Toten: Ein Kalb ist bei der Geburt in der Nacht so heraus geplumpst, dass sein Kopf unter dem Körper lag. Es konnte nicht oder kaum atmen und starb wahrscheinlich gleich ein paar Minuten nach der Geburt. Und ein anderes wurde wieder behindert geboren und lebte nicht lange.

Sie alle sollen es gut haben im Kuh-Himmel.

Aber hey, es sind nicht nur schreckliche Dinge passiert: Es sind nebenbei auch viele gesunde Kälber zur Welt gekommen. Wir haben statt 25 doch 28 Kälber behalten. Sie haben mittlerweile auch alle Namen. Ich versuche gerade, Fotos von allen zu machen, dann werde ich sie euch alle mal vorstellen :D
Muh an unserem Kühlschrank
im Cow Sheet :D

Sie wachsen prächtig und werden einfach immer größer und erdrücken mich mit ihrer Liebe. Ich bin ja immer noch ihre Mama und auf einer Skala von 1 bis 10 lieben sie mich wohl mit einer 12, was manchmal ganz schön weh tut^^
Mein erster Melk-Versuch, gleich 5 Liter! :D
Ich hab viel Dinge gelernt seit ich hier bin.
Besonders stolz bin ich darauf, dass ich jetzt handmelken kann :) Es war am Anfang echt anstrengend, aber jetzt kann ich es schon richtig gut und Gail lässt mich öfter Mal an die Colostrums ran, die frisch gekalbt haben zum Handmelken. Es macht echt Spaß! Aber ich muss immer daran denken, wieviele Kühe man früher hatte, die man mit der Hand melken musste. Oma, wie habt ihr das gemacht? :D

Das ist unser Baby :D John Deere, ein Jahr alt.
Dann hatte ich eine Fahrstunde im Traktor-Fahren und darf jetzt schon allein Silage füttern und so weiter mit dem Traktor. Es ist echt krass. Das Ding hat 24 Vorwärts-Gänge. Und das gleiche kann man nochmal rückwärts fahren. Und die ganzen Hebel und Schalter sind etwas verwirrend. Aber nach und nach verstehe ich das ganze System^^ Am Anfang hab ich etwas geschaut wie das Schwein ins Uhrwerk :D
Etwas, das nicht spektakulär ist, aber total Spaß macht, ist den Boden im cow sheet mit einem Feuerwehrschlauch abzuspritzen :D Das erste Mal war ich nicht darauf gefasst, dass ein Schlauch so stark ist :D Musste erstmal einen kleinen Schritt zurückgehen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren :) Ich melde mich jetzt meistens freiwillig, sauber zu machen :D Ja Mama und Papa da staunt ihr, was? ;-)

Das Haus der Smith :)
Sonst sind so viele kleine Dinge passiert:

Am letzten Samstag haben wir die Kälber, die schon Alt genug waren, also alle bis auf die letzten sechs, enthornt. Man war das ein Job! Mit einem heißen Eisen werden die Hornansätze weggebrannt, sodass sie in ihrem Leben keine mehr ausbilden. Klingt eigentlich ganz einfach, aber: Es stinkt wie Hölle! (Wie angebrannte Haare und das zweieinhalb Stunden lang!) und die Kälber finden die Idee (verständlicher Weise) gar nicht mal so super :D also machen sie ein heiden Theater! Ich hatte die ehrenvolle Aufgabe, meine Babys festzuhalten und habe mir dabei die ein oder andere Wunde zugezogen – Schnitte, Blaue Flecken etc :D Und saumäßigen Muskelkater! Mit einem Monat entwickeln die kleinen Biester schon solche Kräfte, dass sie selbst mich hochheben können, wenn ich mich mit voller Kraft auf sie stemme :O Aber jetzt ist es fast geschafft! Nur noch sechs Kälber zu enthornen und dann wird es ihnen ihr Leben lang besser gehen. Sie müssen sowieso enthornt werden und in dem Alter passiert es noch relativ schmerzfrei und ohne Blut. (Wenn sie nicht danach gegen die Wand rennen, dann sehen sie aus wie aus SAW :D Manche haben das gemacht! Blöd wie sie sind ;D) 
Manche schneiden den erwachsenen Tieren dann die Hörner ab, das blutet wie sau und ist noch viel schmerzhafter als das bisschen Wegbrennen.
Es gab auch gleich danach Fressen, sodass sie die Schmerzen binnen kurzer Zeit schon wieder vergessen hatten und auch wieder zu mir kuscheln kamen :) Manche brauchten ein paar Tage, um es mir nicht mehr übel zu nehmen, aber selbst sie sind jetzt wieder anhänglich.

Bei der Gelegenheit haben wir sie alle noch getagt und jetzt hat jeder seine Nummer fürs Leben. :)

Viele Schafe auf dem Markt :D
Zu dieser Jahreszeit recht leer.
Letzte Wochen haben wir noch die Schweine zum Schlachter gebracht und waren danach noch auf einem Viehmarkt. Wir werden in den nächsten Tagen den Schinken beim Schlachter abholen. Ich durfte zugucken, wie ein Bull „behandelt“ wurde: Erschießen, Haut abziehen, Eingeweide herausholen und vierteilen :D Ein tolles Bild, sag ich euch ;) Und mir wurde nicht mal schlecht oder sowas. Ich bin zu kalt für diese Welt^^

Das denke ich allerdings nie, wenn ich die süßen Lämmer der Nachbarin sehe und immer fast anfange zu qietschen, so süß sind die! Ich schwöre, wenn ich könnte, würde ich sie einfach entführen! :D *-*
Sind sie nicht wahnsinnig süß? Wie der kleine die Zunge rausstreckt *-*
Letzte Woche war ich im wahrsten Sinne des Wortes sehr „geladen“. :D
Auf dem Hauptstromzaun, der direkt am Kalbsstall verläuft, haben wir 4500 Volt.
Ich berührte ihn aus Versehen und spürte nichts. Natürlich verwunderte mich das, denn wir hatten in den letzten Tagen öfter mal einen kaputten Zaun und da wollte ich da natürlich sichergehen, dass dieser nicht auch den Geist aufgegeben hat.
Ich habe ihn noch zwei Mal kurz berührt – nichts.
Also wollte ich Gail zeigen, dass es nicht geht, habe ihn mit beiden Händen etwas länger angefasst und BUUUM. Ein Schlag komplett durch meinen Körper. Ich spürte meinen Körper kurz nicht mehr. Dieser Sprang ohne meine Zustimmung einfach mal 1,5 m zurück.
Logisch, denn ich hatte ja irgendwie den perfekten geschlossenen Stromkreis mit meinen Armen gebildet :D Bravo Jo :D
Ich hatte die nächsten zwei Tage noch ziemlich Schmerzen überall, vorallem im Oberkörper, aber jetzt geht es wieder.^^
Ich rate euch das auf jeden Fall niemals! ;) Ich werde mich auch hüte, es nochmal zu tun :D Sonst gibt es Brat-Jo das nächste Mal^^


Weltuntergang in Newstead :D
Apropos Braten: Das Essen ist immer noch genauso gut wie immer und ich habe herausgefunden, dass wir hier das Regenwasser trinken. Die Luft ist so sauber, dass man das machen kann :) Und es schmeckt echt nicht schlecht! Schade, dass wir das nicht so richtig machen könnten, es würde viel Geld sparen!

Kurz vor dem nächsten Regen.
Apropos Regen: Das Wetter ist hier à la April. Es regnet sooo viel, dass ich manchmal fast schwimmen muss. Früh friert es oft, wenn es nicht regnet. Manchmal haben wir immer noch Minusgrade und einen dichten Nebel, dass man Straßenschilder erst erkennt, wenn man daran vorbei fährt. Dann muss ich die Kühe immer suchen auf der Weide, um sie zum Melken zu bringen. Also ich mag ja Verstecke-Spielen, aber früh um sechs bei Schweinekälte ne danke :D

Regen und Sonne zusammen sind keine Seltenheit.
In den letzten tagen scheint die Sonne immer mal wieder und in der nächsten Minute wieder Regen. Oft fällt einfach beides zusammen und ich sehe jeden Tag mindestens zwei Regenbögen :
Einen früh, wenn die Sonne aufgegangen ist und meistens einen vor Sonnenuntergang noch mal, wenn es geregnet hat :)

Unser Tag beginnt jetzt schon um 5.45 Uhr jeden Tag.
Und das sieben Tage die Woche! Aber ich würde keine Minute auf den Gedanken kommen, mich zu beschweren! Man hat gar keine Gelegenheit dazu bei der vielen Arbeit. Es ist viel entspannter als eine Fünf-Tages-Woche. Man hat nämlich kein Wochenende zum Ausruhen, an dem man eventuell feststellen könnte, dass Frei zu haben viel schöner ist als arbeiten :)

Zitronenbaum in der Einfahrt.
Und so arbeite ich glücklich und zufrieden die Stunden ab. Diese Woche waren es fast 51 Stunden, aber es wird wohl noch mehr werden :D Es ist echt anstrengend und so weiter, aber Papa würde sagen: 
"Wenn es nicht anstrengend wäre, würde es Urlaub heißen." :D

Jannik hat seinen Job wieder verloren – sie haben jemanden professionellen eingestellte (zum Kälber füttern zwar schon etwas komisch, aber naja). Er ist jetzt wieder nach Auckland gegangen, um nach einem Auto für sich zu sehen. Dann kommt er vielleicht zurück und holt seine restlichen Sachen ab. Mal sehen, vielleicht reisen wir nochmal irgenwann zusammen, aber das werden wir erstmal nicht planen, denn wer weiß, was passiert.

Orangen direkt vor meiner Tür. 
Ich plane weiter meinen Trip. Aus dem Lonely Planet suche ich mir Orte heraus, die ich unbedingt sehen will und dann überlege ich, wo und wie ich am besten Reise. Zu diesem Zwecke habe ich mir auch einen Reiseatlas geholt und markiere dort eine grobe Route :)

Ich könnte hier auch ein paar Kontakte von der Nachbarin Andrea bekommen von einem Bootsbauer in der Bay of Plenty :) Mal sehen, was sich da vielleicht ergibt und wo es mich hintreibt! :)

So zum Schluss einige mehr oder weniger wichtige Nebeninfos, die nicht lang und/oder wichtig genug sind für einen eigenen Absatz oder einfach aus dem Grund hier stehen, weil sie mir erst im letzten Moment eingefallen sind: :D

  1. Ich lese noch an der Wharingham-Saga und habe den ersten Teil beendet! Es ist super und beruht auf der wahren Geschichte des Königshauses in England echt spannend und man lernt nebenbei was ;)
  2. Meine neueste Recherchen ergaben, dass der Jungenname Joe mit einem „e“ geschrieben wird, nicht aber mein Spitzname^^ Also schreibe ich Jo jetzt so wie es Gail auf meinen Lohnzetteln macht. :)
  3. Hobbiton, also der Dreh-Ort vom Zuhause der Hobbits ist hier ziemlich in der Nähe. Ich werde es wohl besuchen, aber ich weiß noch nicht, ob auf dem Weg in den Süden oder dann auf dem Weg zurück in den Norden.
  4. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mir jemals soviele Tritte wie hier eingefangen hab. Gestern hat mir eine Kuh beim Melken ganz nett mit ihrem Knie zwischen die Augen gegen die Stirn gekickt :D
  5. Das Fahrrad von Kays Tochter Emma.
    Ich habe von Gails Schwester, Kay, ein Fahrrad geliehen und bin damit auch schon viele Kilometer umhergefahren :)
  6. Die Kiwis hier (Also die Früchte jetzt :D Nicht die Vögel und nicht die Menschen^^) sind sooo spottbillig, dass wir letztens ca. zwei Kilo für ein bisschen über einen Euro bekommen haben :D Ich ernähre mich quasi davon :D
  7. Zum Frühstück esse ich mittlerweile ganz traditionell Bacon&Egg von dem Bacon der eigenen Schweine und den Eiern der Hühner hier. Mega, sag ich euch ;)
  8. Ich kümmere mich gerade um eine Möglichkeit, nach Australien zu fliegen und schau mal, wie es am günstigsten ist mit dem Hin- und Herfliegen.
  9. Die Eltern von Janice und Ray kommen ursprünglich aus England und sind nachweislich mit Captain Smith, dem Kapitän der TITANIC verwandt :D
  10. Die frische Milch direkt von den Kühen, die wir hier trinken ist wahnsinnig lecker. Wenn man aber zu viel davon trinkt, gibt es Bauchschmerzen :D Erfahrung! ;-)
  11. Ich habe von Felix Gummistiefel mit Stahlkappen und habe ein Rezept gegen abgestorbene Füße entwickelt: Wenn man sie nicht mehr spürt am Morgen, einfach kochendes Wasser auf die Schuhe gießen. Die Stahlkappen erwärmen sich angenehm und sind wie eine kleine Heizung dann, sodass man die Füße wenigstens wieder spürt nach einiger Zeit ;-) Also falls ihr gerade mal frieren solltet da drüben :D
  12. und letztens: Ich habe für heut Abend mit Gail eine Einladung von ihrer Schwester und deren Familie, mit ihnen das All Blacks Rugby-Spiel auf einem großen Flatscreen anzusehen :) Mir Abendessen etc. Es wird mein erstes Rugby-Spiel sein, dass ich sehe, ich freu mich drauf! :)

Aber vorher ist hier noch eine Menge zutun!
Melken, Füttern, Babys reinholen, Putzen uuund so weiter.

Ich mach mich ran!
Bye bye
Jo :)

PS.: Ich weiß, dass die Bilder von Zitrone und Orange nicht reinpassen, aber ich glaube, ich habe sie das letzte Mal vergessen :x

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